Einen Blick ins ganz persönliche #Familienalbum werfen durften wir in den vergangenen Wochen schon bei vielen Bloggern (Frau Mutter sammelt). Heute bin ich (*1987) dran, euch ein Stück Kindheit und Jugend zu zeigen.
Wie ich noch so überlegte, welche bunten (juhu, Farbfilm!) Erinnerungen aus den frühen 90ern ich mit euch teilen könnte, fiel mir meine Abi-Rede wieder ein, die die verschiedenen Taschen von der Kindheit bis ins junge Erwachsenenalter als Aufhänger hatte. 2006 geschrieben (oh Gott, 9 Jahre! War doch gerade erst!) und vor einem vollen Saal mit 500 Mitschülern, Eltern und Lehrern gehalten. Ein Gänsehaut-Moment, wenn ich zurückdenke..
Heute und hier erstmalig veröffentlicht:
Dies ist nun also unser endgültig letzter Tag im Kreise der Lehrer und Schüler und ich denke, wir können heute vom Gipfel des Abi-lymp durchaus mit Humor und einem Wissen verheißenden Lächeln auf unsere Schulzeit zurückblicken. Lassen Sie mich einen Gegenstand näher betrachten, der uns in der einen oder anderen Form in den zurückliegenden Jahren begleitet hat und der, genau wie wir, eine ganz erstaunliche Metamorphose durchgemacht hat.
Liebe
Mitschülerinnen und Mitschüler, erinnert ihr euch an den Tag, an
dem ihr von Mami und Papi in die große, weite Welt entlassen wurdet, um in der
harten Realität des Kindergartenalltags eure legitimen Ansprüche auf die
Benutzung des Dreirades durchzusetzen?
Erinnert ihr
euch vielleicht noch daran, wie euer Survival-Package damals aussah?
Genau, ich
spreche von der kleinen bunten Umhängetasche, die Platz bot für
Butterbrot, braun gewordene Apfelstückchen, Trinkpäckchen und Lieblingskuscheltier.
Richtig
aufregend wurde die Suche nach einer schultauglichen Tasche dann
Anfang 1993, wobei sich zum ersten Mal
zeigte, dass Eltern und Kinder die Eignung des Ranzens nach total
unterschiedlichen Kriterien beurteilten. Während die Eltern vordergründig den ergonomischen Aspekt im
Auge hatten, war für uns von entscheidender Bedeutung, ob Rennautos, Barbies oder Dornröschens drauf waren. Ausgestattet mit dem passenden Zubehör, bestehend
aus Federtasche mit "Filzern", Füller und "Ratzefummel", farblich nach Fächern geordneten Heftern und Sportbeutel natürlich, konnte die Schule
endlich losgehen. Die Ranzen dieser Zeit boten auch ausreichend Platz für das Equipment
der außerunterrichtlichen Aktivitäten, von Gummihopse über Fadengrafik, bis Poptanzröckchen und
Fussballoutfit.
Dieser Kleinkinder-Ranzen
ging natürlich gar nicht mehr, als Fächer wie Biologie, Geographie und
Geschichte das altbewährte Sachkunde ablösten. Die offizielle Begründung war,
dass drei neue Hefter und drei neue Bücher die Platzkapazität der alten Mappe
sprengten. Wahr ist jedoch, dass
mittlerweile unsere Begeisterungsfähigkeit für Dornröschen stark nachgelassen
hatte. Es musste also ein Rucksack her.
1996 |
Er war nicht so praktisch, nicht
so übersichtlich wie der alte Ranzen, aber cool war er auf jeden Fall.
Das Tamagotchi wurde heimlich mit zur
Schule genommen und bekam seine eigene kleine Tasche vorne am Rucksack, um im
Notfall schnell erste Hilfe leisten zu können, wenn es sich mal wieder
verschluckt hatte...
Auch das lange
30cm-Lineal fand hier seinen Platz.
Es war zwingend notwendig, um während eines Tests die Federtaschen
haargenau auf der Grenzlinie des eigenen Platzes als Sichtschutz aufzustellen!
Im Sommer
1999 wurden wir aus der Grundschule entlassen und hatten uns entschieden,
die kommenden Jahre auf dem Gymnasium zu verbringen.
Von den
Helden der Grund- wurden wir nun zu
den Kleinen der Oberschule und begaben uns in neuer Klassengemeinschaft
auf die endlose Suche nach Fachunterrichtsräumen in Haupt- und Nebengebäude.
Auch in
dieser schwierigen
Phase der Veränderung, in der die pubertären Siebtklässler in Ehrfurcht vor dem
Probehalbjahr angestrengt paukten, stand uns der prallgefüllte Rucksack zur
Seite.
Neben ordentlich geführten Heftern mit doppeltunterstrichenen
Zwischenüberschriften und diversen Büchern waren nun die Monatskarte der BVG und das neueste Handy mit
Vibrationsalarm (!) wichtige Utensilien in unserem Schulrucksack. Der alte Sportbeutel
hatte ausgedient. Stattdessen wurde platzsparend das Sportzeug in die Lücken
zwischen den Büchern gestopft. Wem welcher Rucksack gehörte, konnte man an den
Unterschriften unter dem „Hab dich lieb“ feststellen, mit denen jede
freie Stelle des Stoffes geschmückt war.
Der spartanische
Inhalt bestand aus einem linierten und einem karierten Block, einsetzbar für
beliebige Fächer. Auf eine Hefterführung wurde weitgehend verzichtet. Das
Verschwinden wichtiger Arbeitsblätter ließe sich unter Umständen hiermit
begründen.
In den Tiefen dieser Tasche stieß man je nach Träger auf
Zigaretten, Kaugummi, Handy, Kartenspiele, MP3-Player und Tests von
nächsthöheren Jahrgängen... Opfer des deutlich reduzierten Platzangebotes wurde das Sportzeug. Man muss eben Prioritäten
setzen.
Gegen Ende
des IV. Kurshalbjahres war jeder 13er gern gesehener Gast in der Schule
und erfreute mit seiner bloßen Anwesenheit die Lehrerschaft. Statt an der
Haltestelle auf den Bus zu warten, zogen immer mehr
Schüler die bequeme Anreise mit dem eigenen PKW vor. Angesichts der sich
häufenden Abi-Versammlungen, Abi-Sitzungen, Abi-Absprachen und Abi-Planungen passierte es
schon mal, dass der eine oder andere glattweg sein Abi-Täschchen zu Hause
vergaß.
Nichtsdestotrotz planten wir minutiös die Abi-Fahrt, das Abi-T-Shirt, das
Abi-Video, den Abi-Streich, das Abi-Buch, die Abi-Rede
und nicht zuletzt den Abi-Ball, zu dem wir uns heute zusammengefunden
haben.
Unsere alten
Ranzen, Schulrucksäcke, Umhängetaschen haben ausgedient.
In den kommenden
Jahren werden wir uns mit ganz neuen Anforderungen und Problemen
konfrontiert sehen. Da gilt es gut zu überlegen, wie man seine Tasche packt.
Wer wird euer Begleiter für die kommenden
Jahre sein?
Abirede 2006 |
Die altbewährte, prüfungserprobte Umhängetasche fürs Studium?
Der
Backpacker-Rucksack für die Welttour?
Der
Aktenkoffer für die Lehre in der Bank?
Der
oliv-farbene Kampfrucksack für die Bundeswehr?
Oder
womöglich die Wickeltasche für den Nachwuchs?
Wohin werden uns unsere Taschen begleiten?
Wer hilft uns tragen, wenn uns die Tasche
zu schwer wird?
Egal, für
welche Tasche wir uns letztendlich entscheiden - eines ist sicher:
Wir haben
unser Abi in der Tasche!
Wow, eine tolle Rede hast Du zum Abiball gehalten. Komme gerade aus Berlin zurück, der Stadt in der mein Sohn studiert und der letzte Abiball ist auch erst ein paar Monate zurück. Bin über frische Brise und Brigitte Mom auf deinen Blog gestoßen und werde, wenn ich mehr Zeit habe mal länger stöbern.
AntwortenLöschenLG Heidrun
Eine Tolle Rede hast du da gehalten! Das war bestimmt ein Moment in deinem Leben, den du nie mehr vergessen wirst.
AntwortenLöschenIch trage gerade die "Wickeltasche" mit mir :o)
Was für eine tolle Rede! Schön, dass Du sie aufgehoben hast. Dann kannst Du sie Dir in vielen, vielen Jahren nochmal durchlesen. Bei uns waren damals 4 You Rucksäcke total in, auf denen alle Freunde unterschrieben haben :)
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